Die Äthiopierin Yenatfenta Abate lebt und arbeitet in Berlin. In ihrem Werk reflektiert sie die beiden sie prägenden Kulturen. Seit Langem sammelt die Künstlerin Sprichwörter aus ihrer Heimat. YEAST hat Yenatfenta Abate gebeten, Weisheiten über das Teilen für unser Forum zu illustrieren.
Ich teile das, was ich habe
um Stolz zu erlangen.
Anstatt alles für mich alleine zu haben
und dann einsam zu sein!
Teile (verteile) ich Liebe.
Dann lasse ich ich ich …
Sage ich wir wir…
(Äthiopisches Sprichwort)
Yenatfenta Abate ist in Äthiopien, aufgewachsen. Als einzige Frau ihres Jahrganges studierte sie an der „School of Fine Arts“ in Addis Abeba. 1990 erhielt sie den „Preis von Montreal“, der ein weiterführendes Studium im Ausland unterstützt. Abate entschied sich für Deutschland und wurde 2004 Meisterschülerin von Franz Erhard Walther an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste.
Die 1973 geborene Äthiopierin sieht ihre künstlerische Ausbildung in Deutschland als eine essentiell wichtige Erfahrung an, die sie mit ihren Landsleuten teilen möchte. „Ich möchte etwas zurückgeben“, betont Abate. So organisierte sie 2008 und 2009, unterstützt vom Goethe Institut, in Addis Abbeba Kurse zur „freien Kunst“. Unverhofft habe sich mit der Reihe „Free Art Felega“ ein wertvoller Raum des Experimentierens, der Selbstfindung, der Teilhabe, geöffnet. Einige der von ihr unterrichteten Künstler sind inzwischen international vertreten.
Yenatfenta Abate setzt sich intensiv mit ihrer Kultur auseinander, so etwa mit den zahlreichen äthiopischen Sprichwörtern, von denen viele das Teilen zum Inhalt haben und von denen wir hier einige vorstellen.
„Essen ist Kunst“, so ein Credo Abates. Seit Beginn des Jahres bietet sie Kochkurse an, in denen sie die kulinarischen Besonderheiten ihrer Heimat in Bezug zu den diversen Künsten bringt. Wie wichtig Gemeinschaft und Teilen in der äthiopischen Küche seien, verdeutliche alleine die Kaffeezeremonie, betont sie.
Kaffee für Mutter Erde
Die erste Tasse geht an die Mutter Erde, wird auf den Boden geschüttet. Geröstete Kichererbsen, Weizen und Rote-Distel-Samen geben den Kaffeebohnen erst das richtige Aroma. Wer einmal an einer äthiopischen Kaffeezeremonie teilgenommen hat, versteht, dass es da um viel mehr geht, als ein Getränk zu konsumieren. Hier wird Gemeinschaft zelebriert. Die äthiopische Kaffee-Zeremonie ist ein wesentlicher Bestandteil des sozialen und kulturellen Lebens des Landes. Eine Einladung zur Kaffee-Zeremonie ist ein Zeichen von Freundschaft und Anerkennung.
Die Zeremonie, die in der Regel von einer traditionell weißgewandeten Frau ausgeht, kann Stunden dauern. In vielen Gegenden Äthiopiens findet die Kaffee-Zeremonie dreimal am Tag statt. In den Dörfern ist dies noch immer das wichtigste soziale Ereignis. Dabei sollte der Gast mindestens drei Tassen Kaffee zu sich nehmen, denn erst die dritte Runde soll dem Haus Segen bringen.
Auch beim Essen spielt die Gemeinschaft und das Teilen eine besondere Rolle. Grundnahrungsmittel ist Injera, ein Sauerteig-Fladenbrot, das aus einem Getreide namens Teff hergestellt wird. Gegessen wird mit der rechten Hand. Dabei ersetzt das Injera sowohl den Teller als auch das Besteck. Man reißt kleine Teile des Fladens ab, ergreift damit ein Stück der Fleisch- oder Gemüsebeilage, die auf dem Injera angerichtet sind und führt es zum Mund. Als besonders freundschaftlich gilt es, den anderen, die am Mahl teilnehmen, eine Portion direkt in den Mund zu stecken. Ein Sprichwort auf Amharisch fordert bereits den ankommenden Gast auf: „Komm rein, iss. Teilt miteinander!”
Weiterhin ist das künstlerische Schaffen auf der Website von Yenatfenta Abate zu entdecken, z.B. die Besonderheit ihrer „dreidimensionalen Zeichnungen“, die sie seit 2006 konsequent weiterentwickelt, feine Drahtgestelle – teils abstrakt, teils gegenständlich – die sie mit Zeitungen aus diversen Ländern umwickelt. Abate strebt die Grenzenlosigkeit an – und hadert mit deren Unerreichbarkeit. „Ich befinde mich im permanenten Kampf gegen die Schwerkraft“, betont sie.
Zu den Kochkursevents geht es hier “Kochen ist Kunst”